Von der Idee zum Roman

Viele fragen, wie ich auf die Idee gekommen bin, zu der Geschichte rund um die Jüdische Schule und die Lehrerin Else Hirsch einen Kinderroman zu schreiben.

Die Idee hatte ich schon vor wirklich sehr langer Zeit: Damals hatte ich den Auftrag für die Stadt Bochum, Porträts über bedeutende historische Frauen zu schreiben. Darunter war Else Hirsch, die mich sofort berührt und bewegt hat. Ich habe ihren Mut bewundert. Nachdem das Porträt auf der Webseite der Stadt erschienen war, nistete sich die Idee in meinem Kopf ein: „Du musst unbedingt mehr über diese beeindruckende Frau machen.“

Dass es für Kinder sein sollte, war mir sofort klar – zum einen, weil ich gerne und viel für Kinder schreibe, zum anderen weil ich es wichtig finde, dass Kinder die Geschichte unseres Landes, auch und gerade die schlimmen Kapitel, kennenlernen und daraus lernen.

So recherchierte ich immer mal wieder zu Else Hirsch, zur Geschichte Bochums im Holocaust, ich las Zeitzeugenberichte, ging ins Stadtarchiv … und fand nicht den Dreh, wie aus dem Recherchierten ein Kinderroman werden sollte. Zwischendurch dachte ich an eine Hörgeschichte, dann überlegte ich, ob der Stoff doch eher etwas für Erwachsene sein könnte?

So gingen Jahre ins Land, in denen ich mir selbst im Weg stand, so glaube ich heute. Als ich an meinem Buch „Flaschenpost in Sütterlin“ arbeitete, in dem es um eine Fluchtgeschichte im Zweiten Weltkrieg geht, kam auch Else Hirsch wieder verstärkt in mein Gedächtnis. Und der Wunsch, die Idee endlich umzusetzen.

Lange Entstehungsgeschichte

Anfang 2019 war mein Ansatz auf einmal da, ich merkte, was mich blockiert hatte. Mir wurde klar, dass ich Else Hirsch für den Roman fiktionalisieren musste. Sonst würde ich immer denken, dass ich ihr nicht gerecht werden kann. Ich musste frei sein können – natürlich immer eng an meinen Recherchen entlang. Doch es gibt Lücken, die ich nicht recherchieren kann. Wie war Else Hirsch im Unterricht? Wie hat sie gesprochen? Spielraum war nötig. Zudem wurde mir klar, dass ich Kinder brauchte, eine kindliche Hauptfigur (Liselotte) und ihre Freundinnen und Freunde. In dem Moment war die Idee geboren, dass im Mittelpunkt eine Freundschaft steht, die nicht mehr sein kann und darf. Ein Freundschaftskleeblatt, bei dem nach und nach ein Blatt abgerissen wird.

Als ich das alles konzeptionell klar hatte, konnte ich endlich schreiben. Es ist sicher mein Buch mit der längsten Entstehungsgeschichte. Später schrieb ich noch einen Sachteil, in dem ich die wahre Geschichte aus Bochum erzähle. Als der Ariella-Verlag mir die Zusage gegeben hat, dass er das Buch veröffentlichen möchte, habe ich mich sehr gefreut. Denn als jüdischer Kinderbuchverlag hatte er – und vor allem die Verlegerin – noch einmal ein besonderes Auge auf meinen Roman.

Illustration: Inbal Leitner (aus dem Buch „Die Verknöpften“)